Was ist eine “Emotionale Heilungsphase”?

Wir sprechen von einer Emotionalen Heilungsphase, wenn die folgenden Punkte zutreffen:

  • Es kommen von alleine Schichten ausgeklammerter Gefühle bezüglich unserer Vergangenheit hoch, und zwar in kurzem Abstand  – mit äußerem Anlass oder ohne.
  • Wir haben Kontakt zu tieferen Schichten von Gefühlen, die durch äußere Situationen ausgelöst werden und sind dadurch besonders empfindsam und oft aufgewühlt.
  • Diese Phase dauert mehr als eine Woche lang an.

Der Verlauf:

Die Tiefe der Gefühle und die Schnelligkeit, mit der die Schichten aufeinander folgen, nimmt zu erst zu. Gegen Ende der Heilungsphase werden die hochkommenden Gefühle immer subtiler und die Abstände zwischen den Schichten werden größer.

Umso mehr Akzeptanz und Raum für die Integration der hochkommenden Gefühle zur Verfügung steht, desto schneller kommt die emotionale Heilung voran. Nach dem Ende einer Emotionalen Heilungsphase kommen zu dem jeweiligen Thema gar nicht mehr oder nur noch sehr selten Gefühle aus der Vergangenheit hoch.

Samaya und die emotionale Heilungsphase

Eine Emotionale Heilungsphase kann durch äußere Ereignisse angestoßen werden, wie der Verlust eines nahestehenden Menschen, das Ende einer sicheren Arbeitsstelle, ein Umzug oder eine Trennung. Sie kann durch innere Umwälzungen in Gang kommen wie die Pubertät, das Gebären eines Kinder oder die Wechseljahre. Sie kann auf einer seelischen Entscheidung beruhen: Unsere Seele entscheidet, einen begrenzenden Zustand nicht mehr zu tolerieren. Sie beginnt in eine bestimmte Richtung zu streben (z.B. mehr Selbstausdruck! Mehr Liebe und Verbundenheit!), und alles, was diese Ausweitungsrichtung bisher begrenzte, wird dadurch angestoßen und aufgewühlt.

Samaya kann auf eine spezielle Art auch eine Emotionale Heilungsphase anschieben. Es bewirkt ja eine Ausweitung, und zwar in die Richtung vollständiger und freier zu leben. Es geht dabei auf eine sehr gründliche und natürliche Art vor, indem es auf der körperlich-energetisch-seelischen Ebene dafür Raum gewinnt. Für die meisten von uns heißt das, dass wir durch eine Phase gehen werden, in der wir eine Menge schmerzhafter, auf die Vergangenheit bezogene Gefühle berühren und integrieren werden, eben eine Emotionale Heilungsphase.

Das liegt im Grunde nicht an Samaya. Das liegt daran, dass wir in unseren Körpern so viele Gefühle unterdrückt halten. Es ist, als würden wir in einer Art emotionalen Zwangsjacke herumlaufen, die uns das freie Atmen und Leben erschwert. Samaya hat damit zu tun, diese Zwangsjacke aufzuknöpfen.

Normalerweise nutzen wir unsere Körper als reine Funktionsträger – wir sind nicht wirklich in unseren Zellen präsent. Wir fühlen unseren Körper nicht in seiner ganzen Tiefe und Dimension. Wir hätten zwar gerne mehr Sensibilität, was die “schönen” Gefühle betrifft; wegen der schwierigen ist unser Fühlsinn jedoch längst von einer Art Hornhaut überzogen.

Samaya öffnet unsere Körperwahrnehmung bis in die feinsten Verästelungen unserer Sensibilität. Bis wir allerdings dahin kommen, wo es überwiegend nur um leicht genießbare und subtile Dinge geht, müssen wir meist erst einmal innerlich Raum zurückgewinnen. Auch diese Etappe der emotionellen Heilung ist auf ihre Art genießbar. Schon allein das Wissen, dass jetzt viel Heilung geschieht, kann sich gut anfühlen.

Nachdem wir vielleicht jahrelang gefühlsmäßig weit weg waren von uns, bekommen wir jetzt einen sehr direkten und intimen Kontakt mit uns selbst. Waren wir uns vorher selbst ein Rätsel, lernen wir uns jetzt erst so richtig kennen und verstehen.

Schwierig wird diese Phase meist durch eine spezielle Eigenart aufgestauter Gefühle: Wenn wir die Tür des Fühlens geöffnet und bedeutende Schichten dieser Gefühle erlaubt und angenommen haben, kommt oft die oben erwähnte seelische Entscheidung dazu. Unsere Seele ergreift die Gelegenheit zur seelischen Heilung und schiebt von innen her und von “alleine” in diese Richtung.

Es entsteht quasi eine innere “Rush-hour”. Vor allem bei vielschichtigen Themen kann es passieren: Schicht um Schicht unterdrückter Gefühle stehen quasi Schlange, um auch angenommen zu werden. Manche haben gewissermaßen “den Fuß in der Tür”, alle wollen sie die nächstbeste Gelegenheit nutzen. Die nächstbeste Gelegenheit für sie ist jedoch oft eine unpassende Gelegenheit für uns. Was tun?

Das beste Vorgehen ist, den auf die Vergangenheit bezogenen Gefühlen einen angemessenen Platz einzuräumen. Zum einen heißt das, sich ihnen regelmäßig eine Zeit lang zu widmen. Das kann eine begleitete Samaya-Sitzung pro Woche sein und täglich eine Solositzung – oder etwas anderes. Wenn die Regelmäßigkeit und die Portion stimmt, werden diese Prozesse weniger in die alltäglichen Situationen hinein schwappen. Zum anderen: Wir können das “Liebevoll Aufbewahren” nutzen, um den alten Gefühlen einerseits einen liebevollen Platz zuzuweisen, andererseits unser Leben nicht von ihrem Rhythmus bestimmen zu lassen.

Hier verschiedene Elemente, die unsere Seele in einer Heilungsphase unterstützen können.

Das "Liebevoll Aufbewahren"

Dieses Vorgehen hilft uns, wenn wir ein vielschichtiges Gefühl annehmen wollen, das mehr Zeit von uns verlangt, als wir ihm gerade widmen wollen oder können. Aber Vorsicht: Die Technik wird zur Falle, wenn du damit ein Gefühl loswerden willst. Hier also die Schritte:

  1. Gehe mit deiner ganzen Aufmerksamkeit zu dem bewegten Gefühl.
  2. Umgebe es mit liebevoller Zuwendung oder umhülle es mit deinem Lieblingsblickwinkel der Integration. Auch ein “Es ist okay, das jetzt zu fühlen” reicht.
  3. Nutze deine Zugangshilfen, um bei diesem Anteil von Dir ankommen zu lassen, dass du dich jetzt im Moment nicht ausreichend zuwenden kannst, dass Du das aber später tun wirst. Mache das so gründlich und liebevoll, dass sich das Gefühls vorläufig und bereitwillig zur Seite stellen lässt.

Zum Beispiel kannst du dir einen schöngestalteten Krug oder einen geschmückten Koffer dabei vorstellen und solange die aktivierte Energie in dieses Behältnis fließen lassen, bis du merkst, dass du frei atmen kannst, ohne an das noch ausgegrenzte Gefühl zu stoßen. Die Absicht muss dabei sein, das Gefühl sorgfältig und nah bei dir aufzubewahren, um dich zu einem geeigneteren Zeitpunkt um so liebevoller mit ihm beschäftigen zu können.

Du kannst auch einen inneren Dialog mit dem aktivierten Teil von dir führen, um ihm zu erklären, dass jetzt kein günstiger Zeitpunkt ist, dass du dich jedoch später mit mehr Ruhe und Zuwendung um ihn kümmern wirst.

Die Falle: Wenn du Schritt 3 durchführst, weil du das Gefühl nicht annehmen kannst und es auf diese Weise loswerden willst, gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens: Es funktioniert nicht (der hochkommende Anteil hat den Braten schon gerochen). Zweitens: Der bewegte Teil von dir läßt sich zur Seite stellen und bemerkt erst später die unterdrückerische Absicht des Manövers und den Vertrauensbruch. Möglicherweise wirst du dich damit zunächst einmal der Möglichkeit beraubt haben, ein aufgerührtes Gefühl liebevoll zur Seite zu stellen. Das selbe gilt wenn du das Gefühle zwar mit liebevoller Absicht zu Seite stellst, aber dann das Versprechen nicht einhältst.

Das sechste Element von Samaya

Die Essenz des sechsten Elements von Samaya besteht darin, zu erkunden welche Seelenkraft im aktuellen Prozess am meisten herausgefordert ist und diese dann zu stärken. Mehr dazu auf Anfrage.

Bei allen Prozessen, die mit Angst und/oder Verlassenheit zu tun haben, ist unser Sinn für Schutz und Geborgenheit herausgefordert. Entsprechend ist es gut, unseren Sinn für Geborgenheit zu nähren und zu stärken, indem wir bewusst Situationen der Geborgenheit aufsuchen oder erzeugen und die Geborgenheit dann 100% auskosten. Das geht auch in Form gezielter Übungen.

Wenn die Geschwindigkeit der aufkommenden Gefühlsschichten unser inneres Gleichgewicht beeinträchtigt, können verschiedene Elemente unser Gleichgewicht stärken. Hier einige davon:

Die Kraftsätze zur Stärkung des Sinns für Seelenmitte

Die folgenden Formulierungen sind Besipielsätze. Finde die Worte, die dich am besten mit der Aussage verbinden.

“Ich will innerlich den Raum haben, um voll lebendig sein zu können. “Ich will mich frei ausdrücken und tief  verbinden zu können.” “Ich will alles heilen, was mir aktuell dabei im Weg steht.”

“Ich will, dass alle meine Anteil in Harmonie miteinder wirken und ich ein Ganzes bilde. Ich habe einen Sinn für Seelenmitte, der für mein inneres Gleichgewicht sorgt.”

Mehr zum Sinn für Seelenmitte in einem Artikel auf Anfrage.

Das Wohlgefühlsritual lässt uns unser Gefühlscocktail in Balance bringen, wenn wir aufgrund einer Heilungsphase eine übergroße Menge an herausgeforderten Gefühlen bewegen

Das Wohlgefühlsritual

Die Vorübungen für das verbundene Denken sind eine gute Vorbereitung für die Samaya-Meditation oder auch ein Ersatz dafür. Sie helfen vor allem dann, wenn wir bei unseren inneren Prozessen leicht in Gedankenspirale hinein geraten.

Mini-Serie “Positives Denken?“ #1

Die Samaya-Meditation stärkt unsere Achse, wenn die Geschwindigkeit der Gefühls-Schichten unser Gleichgewicht wacklig werden lässt.

Samaya-Meditation

Der soziale Aspekt

Wenn wir in einer Phase verstärkter emotionaler Heilprozesse sind, kann das ein sehr reicher und entscheidender Lebensabschnitt für uns sein. Diese Prozesse sind wertvoll, auf ihre Art genießbar und unterstützenswert.

Das Problem ist jedoch oft: unser soziales Umfeld weiß das nicht. Durch emotionale Heilprozesse zu gehen, wird sinnigerweise genau in jener Art Umfeld zum Problem, welche ursprünglich die Unterdrückung dieser Gefühle verlangt hat.

In einer Gesellschaft, in der es normal ist, menschlich zu sein, wäre es normal, in der Öffentlichkeit auch zu weinen. Eine Bankangestellte müsste am Schalter nicht ihre Tränen über einen Liebes-Schmerz unterdrücken. Der menschliche Kontakt mit den Arbeitskollegen und den Kunden würde ihr und ihren Tränen so schnell Integration bringen, wie es sich die althergebrachte Vorstellung nicht ausmalen kann. Ganz zu schweigen davon, dass in einer menschlicheren Gesellschaft gar nicht erst so viel emotionales Leid erzeugt würde.

Wie sehr dieses Thema vom sozialen Umfeld geprägt wird, wurde mir durch das extreme Gegenbeispiel klar, das ich 1979 in meinen ersten Therapie-Gruppen erlebte: In starken emotionalen Prozessen zu sein, war in diesem Umfeld erwünscht und galt als “in”. Mein “normaler” Zustand fiel auf und galt als “zu” und “blockiert”, weil alle um mich herum in intensiven Prozesse verwickelt waren. Ich fühlte mich als Außenseiter, weil ich nicht so aufgewühlt war!

Bezüglich der sozialen Komponente des Problems hilft zweierlei: Zum einen ist es gut, sich ein eigenes Umfeld zu schaffen, in dem es okay ist, menschliche Gefühle zu zeigen. Zum anderen ist es vielleicht an der Zeit, damit Frieden zu schließen, dass wir es hier mit der sogenannten “ersten Pionierschwelle von Samaya” zu tun haben. Entweder, wir orientieren uns an dem, was normal ist und bleiben vor der Schwelle stehen, oder wir orientieren uns an dem, was menschlich ist, und werden Pioniere für eine menschlichere Gesellschaft.

Pioniere brauchen die Fähigkeit, aus ihrer eigenen Wahrheit heraus zu leben und die Fähigkeit, sich mit all denen zu verständigen, die den gleichen Weg gehen wollen. Pioniere haben es leichter, wenn sie sich bewusst entscheiden, welche zu sein.

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